Aufkohlen – Verfahren, Anwendungsbereiche, Alternativen

Das Aufkohlen ist eine thermochemische Wärmebehandlung, bei der die Randzone eines Werkstücks mit Kohlenstoff angereichert wird. Das Verfahren wird insbesondere bei Stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt angewandt, um die Aufhärtbarkeit des Metalls positiv zu beeinflussen bzw. herzustellen. Das Aufkohlen ist ein Teil des Einsatzhärtens.

Technik und Aufkohlungsmittel

Das Aufkohlen kann mit vier verschiedenen Aufkohlungsmitteln realisiert werden. Ziel des Verfahrens ist es, Metalle für das nachfolgende Einsatzhärten vorzubereiten. Typischerweise werden Werkstücke bei der Aufkohlung mit dem Aufkohlungsmittel einer hohen Temperatur ausgesetzt. Dadurch diffundiert der Kohlenstoff in die Oberfläche des Werkstücks und erreicht dort einen Kohlenstoffgehalt von mindestens 0,25 %, der ausschlaggebend für die Härtung des Stahls ist. 

Nach dem Aufkohlen kann das eigentliche Einsatzhärten stattfinden. Das Einsatzhärten unterteilt sich in drei verschiedenen Verfahren: dem Direkthärten, dem Einfachhärten und dem Doppelhärten.

Für das Verfahren können folgende Aufkohlungsmittel eingesetzt:

Feste Aufkohlungsmittel

Zu den festen Aufkohlungsmitteln zählen Pulver und Granulate aus Kohlenstoff. Das Aufkohlungsmittel besteht in der Regel aus einer Mischung aus einem Kohlenstoffträger, einem Aktivierungsmittel und einem Bindemittel. Die Bauteile werden mit den Mitteln in Kästen bei Temperaturen von 870°C bis 930 °C für eine vordefinierte Zeit gehalten. Die Kohlungszeit ist abhängig vom Werkstoff und dem verwendeten Kohlungsmittel. Das Aufkohlen mit festen Medien weist eine schlechte Automatisierbarkeit auf und wird aus diesem Grund eher selten angewandt. Bei den langen Kohlungszeiten, verursacht durch die schlechte Wärmeleitung des Pulvers/Granulats, besteht die Gefahr der Grobkornbildung.

Flüssige Aufkohlungsmittel

Bei flüssigen Aufkohlungsmittel werden die Werkstücke in einer cyanidhaltigen Salzschmelze bei Temperaturen zwischen 900 und 930°C ( max. 950°C ) gehalten. Die Werkstücke müssen allerdings vorgewärmt werden, um eine vollkommen trockene Oberfläche zu gewährleisten. Durch das Vorwärmen wird auch Verzug minimiert, da die Temperaturdifferenz von Werkstück und Salzschmelze geringer wird.  Das Aufkohlen mit flüssigen Medien überzeugt mit einer schnellen Bearbeitungszeit und hoher Reproduzierbarkeit. Trotzdem sind flüssige Aufkohlungsmittel heute wenig verbreitet, da die Entsorgung der Salzlösungen sich aufgrund ihrer schlechten Umweltverträglichkeit als schwierig und teuer gestaltet. Zudem sind diese Salzschmelzen sehr gesundheitsschädlich. 

Gasförmige Aufkohlungsmittel

Bei den gasförmigen Aufkohlungsmitteln kommen prinzipiell alle kohlenstoffhaltigen Gase in Frage. Die Aufkohlungsatmosphäre besteht grundsätzlich aus Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Wasserdampf, Wasserstoff, Sauerstoff und Methan (Konzentrationen variieren). Der Freisetzung des Kohlenstoffs lässt sich auf die Boudouard-Reaktion, heterogene Wassergasreaktion oder die Methan-Reaktion zurückführen. Aufgrund der leichten und kostengünstigen Bearbeitung so wie der Unbedenklichkeit für die Umwelt sind die gasförmigen Aufkohlungsmittel heute die am weitesten verbreitete Methode.

Niederdruck

Beim Niederdruck Verfahren werden Werkstücke in einem Vakuum-Ofen mit Kohlenwasserstoff behandelt. Wie der Name bereits vermuten lässt, findet das Niederdruckaufkohlen bei niedrigem Druck statt. Dabei wird der Kohlenstoffübergang von kohlenstoffhaltigen Gasen wie Propan und Methan stark begünstigt. Bei Drücken zwischen zwei und 25 Millibar werden die Diffusions- und Aufkohlungszyklen kontrolliert. Anders als bei den gasförmigen Aufkohlungsmitteln wird beim Niederdruckverfahren kein Gas angereichert.

Geeignete Medien und Anwendungsbereiche

Stähle mit niedrigen Kohlenstoffgehalten eignen sich am besten für das Aufkohlen. Durch die Diffusion von Kohlenstoff in den Werkstoff kann sich, nach weiterer Bearbeitung, Martensit in der Randschicht bilden. So erhält das Werkstück eine harte Oberfläche und behält trotzdem seinen weichen, zähen Kern. 

Das Aufkohlen bietet sich bei Einsatzstählen an. Beispiele hierfür sind:

  • 1.6587
  • 1.7147
  • 1.7131
  • 1.1121
  • 1.5918

Alternative zum Aufkohlen

Eine Alternative zum Aufkohlen und klassischem Einsatzhärten ist das Borieren. Dabei wird Bor statt Kohlenstoff in die Metalloberfläche eindiffundiert. Die daraus resultierenden BOROCOAT® Schichten zeigen nicht nur eine überlegene Härte auf, sondern auch eine hohe Korrosions- und Abrasionsbeständigkeit so wie eine sehr hohe Haftfestigkeit.