Der Temperaturbereich beim Weichglühen verläuft entlang der PSK-Linie. Untereutektoide Stähle (<0,8% Kohlenstoffgehalt) werden dicht unterhalb der PS-Linie erwärmt. Dadurch wird sichergestellt, dass der lamellare Zementit nicht zerfällt und sich in eine runde Form umwandelt. Dieser sogenannte Kugelzementit bildet sich aus dem Streifenzementit des Perlits. Übereutektoide Stähle werden hingegen entlang oder knapp oberhalb der PSK-Linie pendelgeglüht. Außerdem sollten übereutektoide Stähle vor dem Härten/Vergüten im weichgeglühten Zustand vorliegen, da der Kohlenstoff dadurch wieder besser in Lösung gehen kann, wenn er erhitzt wird.
Weichglühen – Verfahren und Vorteile des Verfahrens
Weichglühen bezeichnet ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Metallen und Stählen zur Verbesserung der Spanbarkeit und Umformbarkeit durch Umwandlung im Gefüge und Verringerung von Spannungen im Material. Die Härte des Werkstoffs wird dauerhaft verringert, während die Bearbeitbarkeit gesteigert wird.
Der Werkstoff wird bei erhöhter Temperatur lange gehalten, bis sich das Gefüge ausreichend umgewandelt hat (ca. 100h). Im Anschluss wird der Stahl langsam abgekühlt, um eine gute Verformbarkeit zu gewährleisten.
Die Behandlung von Stählen mit einem Kohlenstoffgehalt von <0,3% eignen sich nicht für das Weichglühen. Stähle mit einem so niedrigen C-Level sind in der Regel ohnehin schon weich.
Vorteile des Weichglühens
Ein klarer Vorteil des Weichglühens ist die Verbesserung der Bearbeitbarkeit. Sowohl spanende als auch formende Bearbeitungen lassen sich dank des kugelförmigen Zementits einfacher durchführen. Der Kugelzementit liegt nur vereinzelt im Korn vor. Die Versetzungsbewegung wird im Vergleich zu den starren Streifenzementit, welche von einem Kornende bis zum nächsten reichen können, begünstigt, da die Kerbwirkung vermindert wird. Gleichzeitig wird die Härte und Festigkeit des Stahls beim Weichglühen reduziert. Fertigungsverfahren wie Tiefziehen, Stanzen und Walzen werden durch das vorangehende Weichglühen entsprechend erleichtert.