Spannungsarmglühen – Ziel, Vorgang

Ziele des Spannungsarmglühens

Mechanische Bearbeitungen (Kaltumformen, Fräsen, Richten, Drehen usw.), ungleichmäßige Abkühlung bei thermischen Verfahren (Gießen, Schweißen, Schmieden usw.) oder anderen spanenden Bearbeitungen können dazu führen, dass Bauteile eine hohe Eigenspannung aufweisen. Gefügeumwandlungen oder ungleichmäßiges Abkühlen können auch Gründe für Eigenspannungen sein. Ziel des Spannungsarmglühens ist es, diese zu reduzieren.

Darüber hinaus bietet das Verfahren folgende Vorteile:

1. Verzugsminderung: Durch die Reduzierung der inneren Spannungen wird das Risiko eines Verzugs bei der Weiterverarbeitung oder im Einsatz signifikant verringert, was eine verzugsarme Fertigung ermöglicht.
2. Verbesserung der mechanischen Eigenschaften: Das Verfahren kann die mechanischen Eigenschaften des Materials, wie die Duktilität und Bruchzähigkeit, verbessern, was zu einer höheren Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Belastungen führt.
3. Optimierte Weiterverarbeitung: Nach dem Spannungsarmglühen kann das Material problemloser weiterverarbeitet werden, da ein stabileres und spannungsärmeres Gefüge für nachfolgende Prozesse wie Schweißen oder Oberflächenbehandlungen bereitsteht.
4. Erhöhte Lebensdauer: Die Reduktion von Eigenspannungen verringert die Gefahr von Rissbildung und vorzeitigem Versagen, was die Lebensdauer des Bauteils verlängert.

Vorgang beim Spannungsarmglühen

Das Wärmebehandlungsverfahren für Stahl gliedert sich in drei grundlegende Schritte: Anwärmen, Anlassen und Abkühlen. Jeder dieser Schritte ist für den erfolgreichen Abbau innerer Spannung in Bauteilen von zentraler Bedeutung:

Anwärmen

• Vorsichtiges Temperatursteigern: Um thermischen Verzug zu vermeiden, werden die Bauteile behutsam aufgeheizt. Dies geschieht langsam, um abrupte Temperaturunterschiede, die zu neuen Spannungen führen könnten, zu verhindern.
• Zieltemperatur erreichen: Die Teile werden allmählich auf eine spezifische Zieltemperatur zwischen 450 und 650 °C gebracht, abhängig von dem Werkstoff, den vorangegangenen Bearbeitungsprozessen und der Wanddicke.

Anlassen

• Dauerhafte Haltephase: Nach Erreichen der Zieltemperatur verbleiben die Teile für eine festgelegte Zeitspanne – häufig mehrere Stunden – in diesem Wärmezustand.
• Reduzierung der Zugfestigkeit: Während dieser Haltephase verringert sich die Zugfestigkeit des Materials kontinuierlich, was die inneren Spannungen abbaut, ohne die Materialstruktur zu beeinträchtigen.

Abkühlen

• Kontrolliertes Temperaturgefälle: Das Abkühlen muss ebenso langsam und kontrolliert erfolgen wie das Aufheizen, um die Entstehung neuer Spannungen zu vermeiden.
• Homogenität: Kern und Oberfläche des Bauteils sollen gleichmäßig abkühlen, um eine gleichförmige Spannungsreduktion über das gesamte Werkstück zu gewährleisten.
• Ofenabkühlung: Das Bauteil bleibt für das Abkühlen im Ofen, um eine kontrollierte Umgebung sicherzustellen, was zu einer Gesamtdauer des Prozesses von über 24 Stunden führen kann.

Durch diese drei Schritte wird das Material umfassend behandelt, um Spannungen zu minimieren und die Qualität sowie die Verarbeitungseigenschaften der Bauteile zu verbessern.

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